Im Test: inFAMOUS: Second Son

Schon beim Zocken der Preview Version, hatte ich das Gefühl, dass das neue inFAMOUS: Second Son ein richtig guter Titel wird. Nachdem ich den ersten Teil verschlungen hab, hatte ich seltsamerweise beim Nachfolger einen leichten Durchhänger. Warum auch immer und das obwohl das Szenario eigentlich viel geboten hat… also in Sachen der neuen Umgebung, die mehr als nur eine Stadt in Grau- und Herbsttönen geboten hat. Die Story plätscherte irgendwie nur zaghaft vor sich hin. Aber genug mit Rumheulen, ab zum dritten Teil!

inFAMOUS: Second Son beginnt mit einer komplett frischen Storyline und einem ebenso frischen Charakter. Delsin Rowe ist sein Name und in seiner Familie das schwarze Schaf, wenn man so will. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Reggie, der fleissig seiner Karriere als lokalen Sheriff nachgeht, lebt Delsin mehr oder weniger in den Tag hinein. Viel braucht er nicht. Eine leere Wand uns eine Spraydosen reichen ihm, den Kunst ist seine große Leidenschaft. Was Delsin allerdings „Kunst“ nennt, läuft bei Reffe unter „Vandalismus“ und so ist die eine oder andere Auseinandersetzung mit den Gesetzeshütern nicht ausgeschlossen.

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Die ansonsten eigentlich recht harmonische Vorstadtidylle wird eines Tages kräftig erschüttert. Ein Transporter der D.U.P. (Department of Unified Protection), eine Regierungsbehörde, die sich um die Beseitigung sogenannter Bio-Terroristen kümmert, als Leute mit übermenschlichen Kräften, gerät ins Schleudern und verursacht einen mittelschweren Unfall. Die Situation eskaliert leider dadurch, dass ein entflohener Conduit sich mächtig dagegen wehrt, wieder eingefangen zu werden. Eher ungut ist die Tatsache, dass seine Superkräfte ein mittelprächtiges Feuer auslösen. Reggie und Delsin eilen zum Unglücksort, um nach dem Rechten zu sehen. Helfend reicht Delsin dem Conduit seine Hand…

…mit einem ungeahnten Nebenwirkungen.

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Durch die Berührung mit dem Conduit, fließen die Superkräfte in Delsins Körper über. Was keine bisher gewusst hat: Seit Delsins Geburt scheint wohl in ihm das „Conduit-Gen“ zu ticken. Allerdings hat bisher ein Initiator gefehlt, um seine Kräfte zu wecken… beziehungsweise…

Delsin hat an sich von Natur aus keine Kräfte, allerdings kann er alle… und wirklich ALLE… Kräfte, mit denen die Conduits rumlaufen, durch eine einfache Berührung „erlernen“. Wir haben es hiermit mit einem wahrhaften Superhelden zu tun. Doch hat es natürlich auch den Nachteil, dass Delsin selbst nun auf der schwarzen Liste steht.

Die Situation verschärft sich dadurch, dass die leicht verhaltensauffällige Cheffin der D.U.P., Brooke Augustine, selbst ein Conduit, von Delsins Kräften in Kenntnis gesetzt wird. Sie stellt ihm die Wahl, sich entweder zu ergeben (vielleicht sich der D.U.P. selbst anzuschließen, denn mit seinen Kräften wäre er ein „guter Fang“), oder er muss die Konsequenzen tragen, falls er sich weigert. Und wie es nun mal im Leben so ist, lässt man sich nicht all zu gerne auf die Dunkle Seite der Macht ziehen (selbst wenn es Kekse gibt). Augustines Zorn ist furchtbar und entlädt sich über den Stamm, dem Delsin und Reggie angehören. Ihr Superkraft ist „Beton“ und so injiziert sie den Baustoff den in die Körper der Dorfbevölkerung. Sollten sie nicht sofort daran gestorben sein, erleiden sie unerträgliche Schmerzen. Geheilt können sie leider auch nur werden, sofern sich Delsin bereit erklärt sein Leben Augustine hinzugeben… oder… Delsin wagt den Kampf, besiegt die werte Dame, holt sich ihre Kräfte und macht das selbst. Dreimal dürft ihr raten, welchen Weg die Story einschlägt…

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Das Landein in der Großstadt
Vielleicht kennt ihr das Gefühl: Er seit das erste Mal in einer fremden Stadt und die Eindrücke, die auf euch hernieder prasseln, werfen euch erstmal um. So ungefähr geht es einem, wenn man in Seattle, der „Sandkasten“ in dem inFAMOUS: Second Son spielt, landet. Die Stadt ist einfach gigantisch. All die bunt leuchtenden Schilder, die Hochhäuser, das Treiben auf der Straße und…

…die äusserst lästige D.U.P., die die Stadt mehr ider weniger in ein riesiges Gefängnis verwandelt haben. Kein Mensch kann ungehindert, oder frei, durch die Stadt marschieren, ohne eine Kontrolle am Sektorkontrollpunkt. Hier muss sich jeder einen Test unterziehen lassen. Wer hier aus der Reihe fällt (und als Conduit hat man da ziemlich gute Chancen), bedeutet das ziemlich schnell das Aus, denn die netten Herrschaften in ihren gepanzerten Uniformen, haben einen ziemlich nervösen Finger am Abzug.

Aber mal ernsthaft: Seattle ist eine Wucht! Jede Gebäude, das man sehen kann, darf auch erklettert werden. Man kennt ja das Prinzip schon aus dem ersten Teil, aber irgendwie fühlt es sich unwahrscheinlich besser an, die großen Gebäude zu erklimmen, was allerdings unter Umständen daran liegen mag, dass man sich hierzu kräftetechnisch eignes einfallen lassen hat, um die Prozedur zu beschleunigen. Natürlich kann man immer noch jeden Vorsprung nutzen, um sich so mühsam nach oben zu werkeln. Um einiges eleganter ist es, wenn Delsin seine Neon-Kraft auspackt. Wie der Blitz zischt man an den Mauern empor und ist so in Nullkommanix oben. Ist man gerade mit seinen Rauchkräften unterwegs, kann man Lüftungsschächte nutzen, um die Reise ein wenig zu beschleunigen.

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Oben angekommen, darf man die wunderprächtige Aussicht genießen. Egal zur welchen Tageszeit man unterwegs ist… sie sieht einfach bombig aus (besonders Nachts natürlich)! Alles wirkt so unfassbar lebendig, der Weitblick, die schönen Details, die man überall erkennen kann! Ich war ja bei Killzone: Shadow Fall mächtig beeindruckt, aber inFAMOUS: Second Son legt da locker noch eine Schippe Augenzauber drauf! Die Lichteffekte sind unfassbar schön, wie sie sich etwa in den Pfützen in den feuchten Straßen widerspiegeln, oder zu Reflexionen in den Fensterscheiben führen. Die allgemeine Atmosphäre, die mit allerhand grafischen Hexenwerk erzeugt wird, ist wunderschön! Besonders natürlich die Szenen, die in der Dämmerung spielen, wenn sich die Sonne nochmals mit aller Kraft gegen die nahende Dunkelheit wehrt und den Himmel in ein sanftes Rot färbt. Hier muss man allerdings hinzufügen, dass es keinen dynamischen Tageszyklus gibt. Zu welcher Uhrzeit man unterwegs ist, hängt von der aktuell laufenden Mission ab. Ein Trick, den sich Sucker Punch erlaubt, um zur jeweils passenden Situation auch gleich die passende Stimmung abliefern zu können.

Aber allein schon die Kämpfe, die man unweigerlich führen wird, sind eine Schau, wenn man so grafischen Schnickschnack wie etwa dynamische Feuer- und Raucheffekte mag. Und wer mag das nicht? Ans Herz gewachsen ist mir allerdings die Neonkraft. Vielleicht mag sie nicht ganz so viel „großes Badabumm“ erzeugen, dafür ist die Lichtshow eine Bereicherung für den visuellen Kortex.

Delsin kennt keine Gnade...

Ein Mann, eine Mission und das schlechte Gewissen
Bis wir uns endlich Brooke Augustine stellen können, fließt noch viel Wasser die Isar runter. Bis dahin gibt es in Seattle jede Menge zu tun. In erster Linie ist Delsin auf der Suche nach neuen Kräften, beziehungsweise nach Explosionsscherben, mit denen er seine Kräfte weiter ausbauen kann.

Wie aus den Vorgängern bekannt, verfolgt man, um in der Story weiterzukommen, natürlich die diversen und vielschichtigen „Story-Missionen“. Daneben gibt es aber auch Füllhorn weiterer Aufgaben, die man erfüllen kann… aber nicht unbedingt muss.

Wer allerdings eine saubere Stadt haben möchte, sollte sich anschicken, die D.U.P. so weit wie möglich aus den Sektoren zu vertreiben. Ist die Stärke der Regierungseinheit auf ein kritisches Minimum gesunken, darf man sie zum „Viertel-Kampf“ auffordern. Das hat natürlich nicht nur den Vorteil, dass die allgemeine Bedrohung weiter gesunken ist, sondern man schaltet auch noch so genannte „Schnellreisepunkte“ frei, mittels denen man sich im Nu von Viertel zu Viertel „beamen“ lassen kann… für alle, die zu faul sein sollten, mehrere Minuten per pedes durch Seattle zu laufen, oder fliegen.

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Die Nebenmissionen bieten ein großes Spektrum an diversen Aufgaben. Mal begibt man sich auf die Jagd nach Undercover-Agenten, sucht versteckte Überwachungskameras, oder man packt seine Spraydosen aus und verschönert mal wieder eine graue Hauswand. Schaut man mal auf die Karte, so wird man zahlreiche Missionen finden, die einen über Stunden… Tage… beschäftigen werden. Und ist man damit nicht genug ausgelastet, verkloppt man mal wieder einen lästigen Straßenmusiker, hilft anderen Conduits aus der Patsche, oder befördert eine Bande Drogendealer ins Jenseits.

Bei all den Missionen, für die man sich entscheidet, hat man auch stets die Wahl, den guten Delsin raushängen zu lassen, oder den Teufel in Person. Je nachdem, wie man sich entscheidet, schlägt sich das natürlich auf das altbekannte Karmasystem nieder. Sammelt man fleissig gutes, oder schlechtes Karma, lädt man damit seine „Bombenanzeige“ auf. Ist die voll, kann man ein wahres Feuerwerk an Zerstörung entfachen.

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Natürlich gibt es noch andere Auswirkungen, für welche Karma-Geschmacksrichtung man sich entscheidet. Entweder wird man vom Volk bejubelt, oder man zieht den Hass auf sich und natürlich bietet inFAMOUS: Second auch diverse Enden an. Damit man die alle miterleben kann, bleibt einem wohl oder anderes nichts anderes übrig, als die Story mindestens zweimal durchzuzocken. Aber das sollte wohl das kleinste Problem sein ^^

Missionen abseits des Hauptspiels… im Interwebz
Es scheint irgendwie voll im Trend zu sein, die Spielerfahrung eines Titels so gut wie möglich auf allen Bereichen des alltäglichen Umgangs auszuweiten. Manche Spiele erhalten eine eigene Smartphone-Begleitapp, oder – wie inFAMOUS: Second Son, eine Interwebseite, die sich nahtlos in die Story mit einfügt.

Und in der Tat hat man hier nicht nur eine langweilige Seite, auf denen man vielleicht nur ein paar ellenlange Texte findet, die man nachlesen darf, oder Screenshots aus dem Spiel, oder sonst irgendwelche Dinge, die irgendwie nicht ins Spiel passen.

Das Portal http://infamouspapertrail.com stellt quasi ein Mittelding dar, also eine Mischung aus Begleitapp und Alternate Reality Game. Man trifft im Hauptspiel selbst auf einen weiteren Conduit mit einer etwas merkwürdigen, aber ziemlich coolen „Super“-Kraft. Wer den Fall dahinter aufklären möchte, wird kurzerhand zum Keyboard wechseln müssen, um dort im Interwebz die Spuren weiter zu verfolgen. Zudem findet man dort ganz putzig gestrickte Tests und weitere Inhalte einer Interessengemeinschaft, die sich für Conduits einsetzt (http://conduitrightsleague.com). Die Story von inFAMOUS wird quasi somit auf eine weitere (Meta)-Ebene gehoben und schafft somit den Sprung aus dem Videospiel in die (scheinbare) Realität.

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Klar, so wirklich nötig ist dieses „SpinOff“ nicht gewesen, aber ich mag es irgendwie… und natürlich ist es immer wieder toll, wenn sich Spieleentwickler Gedanken machen, um der Fanbase mehr als nur ein Spiel bieten zu können. Das drückt für mich ein wenig die Leidenschaft zu einem lieb gewonnenen Projekt aus.

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Dies und Das
Spielmechanisch hat sich allerdings grundlegend nichts geändert. Das neue inFAMOUS Second Son spielt sich noch genauso einfach, wie die Vorgänger. Neu hinzugekommen ist der Einsatz des Touchpads. Mit einem Fingerzeit kann man bestimmte Dinge im Spiel markieren, beziehungsweise mit einem Wisch in die angezeigte Richtung Kisten (etc) öffnen. Nicht unbedingt etwas, was man „innovativ“ nennen könnte, aber zumindest hat man die Funktion des Touchpads gut untergebracht.

Ja, ich weiß was der ein oder andere auch sagen möchte: Rein vom Spielablauf hat sich nichts geändert, seit den letzten beiden Titeln. Noch immer gibt es die sich wiederholenden Seitenmissionen, die sich immer gleich präsentieren, noch immer sammelt man Scherben ein, um seine Kräfte erweitern zu können (gut, diesmal hängen sie an putzigen Drohnen, die durch die statt schwirren, oder sich auf höher gelegene Orte zum schlafen zurückgezogen hat und noch immer sehen sieht die Hauptfigur beim Klettern so elegant wie ein Sack Hirschgeweih aus. Mehr „Evolution“ anstatt „Revolution“, obwohl man die Chance gehabt hätte, auf der neuen NextGen Konsole mit einem richtigen Knaller durchzustarten?

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Auf der anderen Seite darf man sich natürlich die Frage stellen, ob man auch wirklich eine Revolution des Spiels hätte sehen wollen. Das Spielprinzip hat ja eigentlich ganz gut funktioniert. Es gibt — wie erwähnt — einen frischen, unverbrauchten Charakter, der etwas Schwung in die Story bringt und man werkelte an neuen Spielmechaniken, wie das 2 Absätze drüber erwähnte Touchpad-Gedöhns und auch der Lautsprecher des DualShock 4 Controllers kommt zum Einsatz, mittels dem manche Sounds aus dem Spiel ausgegeben werden (wie etwa das Schüttelgeräusch der Spraydose, oder das Klingeln des Handys).

Was die Neulinge betrifft, müssen sie nicht unbedingt die beiden Vorgänger gespielt haben. Es wäre zwar in gewisser Weise schade, aber rein technisch gesehen, verpasst man storytechnisch nichts wirklich relevantes. Es gibt zwar die ein oder andere Anspielung, aber relevant, damit man die Story aus Second Son versteht, sind diese nicht.

Fazit
An dieser Stelle gibt es ja immer die standardmäßige Lobhudelei und auch wenn ich schon von vielen gehört habe, dass sie nicht wirklich von inFAMOUS: Second Son überzeugt sind, weil ihnen eben das nötige Etwas, vielleicht auch eben die oben angesprochene „Revolution“ fehlt. Dann frag ich mich, ob dies nicht die selben Leute sind, die, ohne mit der Wimper zu zucken, sich jedes Jahr ein Call of Duty kaufen. Wie sieht es denn da mit der fadenscheinigen Begründung aus?

inFAMOUS: Second Son ist gut, ziemlich sogar! Die digitale Version von Seattle ist einfach unfassbar groß und naturgemäß befinden sich auch unzählige Gebäude — viele sogar mit Wiedererkennungswert — die allesamt erklettert werden können. Dabei seiht alles so unfassbar gut aus. Wer sich vielleicht erinnern kann, wie lebendig die Draufsicht auf die Stadt in Killzone:Shadow Fall war, wird wohl in inFamous: Second Son aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, denn man befindet sich hier in eben einer solch lebendigen Stadt. So etwas konnte man in einem Videospiel bisher nicht erleben. Meiner Meinung nach. Und auch wenn die Missionen „immergleich“ erscheinen, stört es mich nicht wirklich. Es wird ja auch niemand dazu gezwungen, jede Spray-Dosen-Mission anzunehmen (gibt aber ne Trophy dafür). Und ich gehöre wohl auch zu denjenigen, die diese „Schnellreiseoption“ nicht verwenden, gerade weil die Stadt so hübsch ist und es einfach Spaß macht, durch die Gegend zu huschen (und nebenbei vielleicht doch noch die ein oder andere Explosionsscherbe einzusacken). Mit finsteren Blicken beäuge ich da das zuletzt veröffentlichte „THIEF“. Was hab ich mich da geärgert, dass man, obwohl es im Prinzip zum Gameplay passt, eben nicht an jede Hauswand hochklettern konnte und dass einem auf eine eher unschöne Art eine Pseudo-OpenWorld vorgegaukelt wird.

inFAMOUS: Second Son zählt für mich zu dem besten Spiel auf der PS4 derzeit.

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