Im Test: Sheltered (darf’s ein Beinchen mehr sein?)

Vor dem Release von Fallout 4, versüßte man uns die Wartezeit mit dem knuffigen Strategiespiel „Fallout Shelter“. Ziel des Spiels war es, unter der Erde ein gut funktionierendes „Ökosystem“ (Bunker) aufzubauen, in dem sich die kleinen Menschleins in der eher bedrückenden post-apokalyptischen Zeit einigermaßen wohl fühlen. So teilte man sie, je nach deren Grundwerte, verschiedenen Arbeitsdiensten zu und schickte ab und an kleine Trupps aus, um die Oberfläche zu erkunden. Vereinzelte Raider-Übergriffe und Kakerlaken, erschweren zwar das Bunkerleben, wer aber ein kleinwenig Management-Geschick in sich trägt, sollte mit so kleinen Problemchen gut klar kommen.

Mit Sheltered, das vergangenen August für den PC via Steam Early Access verfügbar war, erscheint nun für die PS4 ein ähnliches Spiel. Grundlegend gibt es aber einen entscheidenen Faktor, der die beiden vom Prinzip her gleichen Spiele, so unterschiedlich macht. Aber hierzu später mehr.

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Trautes Heim und Familienglück mit Katze

Zu Beginn klickt man sich seine „Traumfamilie“ samt Haustier zusammen. Auf diese 4 Personen, plus Tier, sollte man nun sein Hauptaugenmerk setzen, denn man will da das traute Familienglück in den ohnehin schon schweren Zeiten nicht zerstören. Und ja, die Leute im Bunker können, anders als bei Fallout, schon schwere Depressionen davon tragen. Also gebt fein Acht!

Wie auch in Fallout Shelter, ziehen wir erstmal in einen ziemlich minimal ausgestatteten Bunker ein. Es gibt zwar einen Stromgenerator, der ständig gewartet und mit Benzin versorgt werden möchte und auch eine Kommunikationsanlage und ein paar Regale, aber sonst… nix.

Was ist das Wichtigste, wenn man mit vielen Menschen in einer kleinen Behausung zusammen wohnt (mal abgesehen vom stets gefüllten Kühlschrank? – Wer jetzt „eine PS4 mit all meinen Lieblingsgames“ ruft, darf ein paar Runden auf der stillen Treppe verbringen. In Sheltered kämpft man jede Spielsekunde um das bittere Überleben. Da gibt’s keinen Platz für eine ruhige Minute vor der Glotze (obwohl man im Spiel schon auch zB Bücher sammeln kann, damit man ein kleines Trostpflaster für die Seele hat). Und von Privatsphäre möchte ich mal garnicht sprechen.

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So baue ich meinen ersten Schlafplatz und direkt daneben ein Eimer-Klo (mit kleinen Vorhang, ein wenig privat sollte der Ort dann doch sein) und eine Dusche, denn – passt gut auf, Kids – Hygiene ist verdammtnochmal wichtig! Und deswegen, muss auch jeder der Insassen ab und an feucht durchwischen, damit auch keiner an was-auch-immer krepiert.

Nachdem ich „meine Kinder“ erstmal eingeteilt hatte, den Bunker auf Vordermann zu bringen, schickte ich die Eltern aus, um die nähere Umgebung zu erkunden. Hierzu benutzt man das Kommunikationssystem und setzt ein paar Wegpunkte auf der Karte. Zu Beginn sollte man sich vielleicht nicht all zu weit weg von seinem Bunker nach Nahrungsmitteln, oder dringend benötigten Rohstoffen suchen.

Auch das ist der kleine, feine Unterschied zum Fallout Spiel. Während man in Fallout Shelter in seinem Fault extrem super funktionierende Farmen bauen konnte, die die Leute mit frischen Lebensmitteln versorgen, ist man in Sheltered um jede gefunden Lebensmitteldose glücklich (gefühlstechnisch hab ich hier etwas übertrieben). Was hab ich mich gefreut, als meine Familie schon beinahe am verhungern war und ich nach Tagen endlich was essbares (und nicht versuchtes) in den Händen halten durfte und ein Wolfsangriff mir beinahe dieses Glück noch zerstören wollte!

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Isst du das Bein hier noch?

Kommen wir nun zum verstörenden Part des Spiels. Auf der Oberfläche hüpfen ab und an ein paar Tiere durchs Bild, die man in der Tat auch fangen und verspeisen kann. Pfeif auf die putzigen Häschen, wenn die im Kochtopf besser aufgehoben sind. Allerdings bin ich mir dann doch nicht sicher, ob das letzte Häschen schuld daran war, das die gute Karen, ein nettes Mädchen, der ich im Familienbunker Unterschlupf gewährt habe, damit irgendwie eine Strahlenvergiftung zugezogen hatte. Jedenfalls kotze sie sich ein paar Tage die Seele aus dem Leib (natürlich musste sie den Saustall auch stets wieder aufwischen), bis sie dann eines Tages doch ins Gras gebissen hat.

So… und nun?

Meine jüngste Tochter war am Boden zerstört. Die Eltern waren mal wieder auf Erkundungstour, da Nahrungsmittel mal wieder extrem knapp waren. Jetzt hätte ich natürlich meinen hyperaktivem Sohn den Strahlenanzug anziehen können, damit er Karen draußen verbuddelt. Das wäre aber eine totale Ressourcenverschwendung.

WHAT? – Japp. Ich mach’s kurz. „Wir“ haben dann Karen nach und nach gegessen und sogar die Katze freute sich über den stets gefüllten Futternapf. Allerdings sorgte Karen ebenfalls für eine Lebensmittelvergiftung. Hier ein Tipp: Sorgt immer für Strom, den fällt die Kühltruhe aus, sind eure Vorräte schneller verdorben, als ihr sie auskotzen könnt! Zum Glück kam Mutti wieder nach Hause und im Gepäck hatte sie eine Handvoll Kräuter, mit denen man allerhand Medizin herstellen kann…

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Survival for the fittest

Gegen Sheltered war Fallout Shelter wirklich eine Glücksbärchiversion des Überlebenskampf. „Bunt ist das Leben und granatenstark“ der Leitspruch der Fault-Bewohner. Sheltered macht von Anfang an deutlich: Mach einen Fehler und es war vermutlich dein letzter! Allein die Atmosphäre ist so bedrückend, dass mir meine Pizza während des Spielens mir nicht mehr so recht schmecken wollte. Der Soundtrack geht „mitten ins Gefühl“ und sorgt schon unbewusst für eine depressive Grundstimmung.

Was das Gameplay betrifft, so bietet Sheltered einen massiveren Umfang, als „Fallout Ponyhof“. Jedes Element im Spiel, egal ob Gasmaske, Eimerklo, oder natürlich komplizierte Elektrodinger, die das Bunkerleben einfacher machen, erfordern eine bestimmte Menge an verschiedensten Items, die erst gefunden werden wollen. Ressourcenverschwendung und Management ist wirklich ein großes Thema. Man überlegt dreimal, ob man Item X nun herstellen soll, oder lieber erstmal die Werkbank aufrüstet, um eine effektivere Form des Items herzustellen. Ständig ist man bemüht, die Luft und Wasserfilteranlagen in Stand zu halten und auch den Generator hat man stets im Blick, denn in Sheltered geht’s ums nackte Überleben, fast ohne Kompromisse.

Nach und nach dudelt man sich durchs Erdreich und vergrößert seine Behausung und dann und wann klingeln auch ein paar Fremde an der Tür. Manche wollen nur handeln, manche wollen eine Unterkunft und wie so oft… manche Menschen sind einfach Arschlöcher! – Kein scheiß! Jason, der Sack, hat sich mit seiner Beute aus dem Bunker verzweifelt und mir zum Dank noch in meine Wasseraufbereitungsanlage gepisst.

Aber auch auf Erkundungstouren trifft man auf verschiedene Leute, mit verschiedensten Temperamenten. Kämpfen sollte man grundsätzlich aus den Weg gehen, wenn einem das Leben seiner Bunkerbewohner lieb ist.

Und dieses „liebgewinnen“ ist echt ein Ding, mit dem ich in Sheltered zu kämpfen hatte. Auch wenn meine „Familie“ nur aus einer Handvoll Pixeln zusammengewürfelt wurde, sind sie mehr mehr ans Herz gewachsen, als die Hoschis im Fallout Fault. Jedes Mal, machte sich ein ungutes Gefühl in meiner Magengrube breit, wenn irgendwas schief ging, Depressionen ausgebrochen sind, die Katze hungerte, Mutter und Sohn um die Wette kotzen und… ja… der Tag als Dad gestorben ist, war wohl der schlimmste. Allerdings hatte ich mich dann doch dazu entschlossen, ihm ein Grab zu schaufeln und nicht zu verspeisen. Man beginnt die kleinen Dinge im Leben zu schätzen: Den (nicht schwarzen) Regen, der so dringend für Trinkwasser und für die Toilettenspülung benötigt wird, den Hirsch, der sich freiwillig fangen und zu feinen Leder und Fleisch verarbeiten lässt, oder auch nur ein verschissenes kleines Scharnier, das man so dringend für ein Upgrade braucht.

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Wo ist die Grafik?

Wenn ich jetzt über „Pixelgrafiken und Nostalgie und so“ schreiben würde (der Generator im Spiel, erinnert mich irgendwie an das Modell aus „Indiana Jones 4: The Fate of Atlantis“, den man in der Ausgrabungsstätte in Gang bringen muss…), würde das Review kein Ende finden. Klar, nicht jeder mag diese „hochaufgelösten großen Pixel“, wenn man doch so schöne Grafiken in 1080p auf die Netzhaut beamen kann, aber auch wenn es hier und da ein paar „Designfehler“ gibt, die ein wenig die Spielbarkeit erschweren (ich hab mal ewig gebraucht, eine kleine Rattenfalle vor einem Schlafsack mit dem Courser anzuklicken, da beides im Pixelbrei irgendwie unterging), passt für mich der pixelige Look und die post-apokalyptische Welt wie die Faust auf’s Auge. Ja, der verwendeten Pixel sind hier wirklich minimal eingesetzt, aber der dreckige Stil setzt auf das bedrückende Grundszenario nochmal eins drauf. Der Look von Fallout Shelter lässt alles fröhlich erscheinen, bei Sheltered möchte man doch nach einigen Stunden Spielzeit zu seiner Packung „Happy Pills“ greifen.

Gamepad vs. Mouse

Irgendwie merkt man, dass Sheltered dann doch irgendwie für Geräte mit einer Mouse entwickelt wurde. Die Steuerung des Coursers fällt nicht wirklich so „butterweich“ aus, wie ich es gerne hätte (wenn ich die PS4 Version mal mit der Steam-Version vergleiche), dafür spielt es sich auf der Couch viel bequemer. Irgendwie schwierig gestaltete sich für mich auch die Einrichtung, bzw. Umgestaltung des Bunkers. Auf 42 Zoll wirkt irgendwie alles so winzig und das punktgenaue platzieren der Einrichtungsgegenstände wollte mir nicht so recht gelingen, was aber auch wirklich an mir liegen kann. Dabei ist am Anfang jeder nicht genutzte freie Pixel im Spiel ein verschwendeter Pixel, denn der Raum ist zunächst so eng (beinahe zu eng), um auch alle überlebenswichtigen Dinge unterzubringen (siehe Klo neben Bett, was auch praktisch sein kann).

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Fazit?

Wer auf Spiele mit großen Pixeln steht, sowie auf knallharte Überlebenskämpfe mit Ressourcenmanagement, der wird mit Sheltered sicherlich ziemlich glücklich werden und (wie ich) auch ziemlich lange damit Freude haben, denn wer will nicht einen wunderschönen, mehrstöckigen Bunker mit eigner Bibliothek, eignen Nasszellen und einen Partyraum? Aber ganz ohne Scheiß: Sheltered hat mich wirklich gefesselt und die bedrückende Atmosphäre, ließ mich doch ein wenig unwohl fühlen. Aber… das „gute unwohl“, womit das ganze Szenario doch ziemlich „glaubhaft“ rüberkam. Es wird im Spiel auch wirklich nichts beschönigt. Menschen fressen? WTF? Auf der anderen Seite hat man dann eine Katze im Bunker, die anscheinend zu blöd ist, um Ratten zu fangen und lieber verhungert.

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